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Die Geschichte der Steuern – Teil II: Neuzeit

von Annette Albrecht

von taxspotting Redaktion 14. April 2023

© picture alliance | Matthias Erzberger (1875-1921) war Reichsfinanzminister. Neben der Zentralisierung der Finanzverwaltung beinhalteten die unter ihm durchgeführten Reformen auch die Einführung eines modernen einheitlichen Steuerrechts, dessen Grundsätze bis heute fortwirken.

Schon im Alten Ägypten mussten die Menschen Abgaben leisten. Doch es sollte seine Zeit dauern, bis ein ausgeklügeltes Steuersystem entwickelt wurde. Wir reisen einmal quer durch die Steuergeschichte – von der Antike über das Mittelalter bis in die Gegenwart.

Teil II: Die Zeit der Steuerrevolutionen.

 

Wilhelminische Zeit: eine einheitliche Einkommensteuer

In der wilhelminischen Zeit von 1888 bis 1918 führte der preußische Finanzminister Johannes von Miquel eine revolutionäre Steuerreform ein: die einheitliche Einkommensteuer sowie eine Vermögens- und Gewerbesteuer. Darüber hinaus erfand er die Steuerprogression: Wer mehr verdient, muss auch mehr abgeben. Bis dato erhob die Regierung lediglich Zölle und einige Verbrauchs- und Verkehrssteuern.

Seit dieser Reform gibt es die Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung und eine Regelung, die es ermöglichte, einen Bevollmächtigten damit zu beauftragen. Diese Bevollmächtigten konnten nicht nur die Abgabe der Steuererklärung übernehmen, wenn die steuerpflichtige Person verhindert war, sondern auch eingesetzt werden, wenn fachliche Unsicherheiten zur Hürde wurden. Noch ist der Beruf Steuerberater allerdings nicht geschaffen. Das sollte mit der nächsten umfassenden Reform geschehen.

 

Die Erzbergersche Steuerreform: ein Meilenstein in der Steuergeschichte

Während des Ersten Weltkrieges mussten die Bürger Frankreichs, Englands und Deutschlands den Krieg finanzieren. Und auch für die Verschuldung danach musste das Volk aufkommen, was große Proteste nach sich zog. Rund um den Jahreswechsel 1919/1920 kam es zu einer erheblichen Änderung im Steuersystem: Der damaligen Reichsfinanzminister Matthias Erzberger vereinheitlichte in der Erzbergerschen Steuerreform die vielen nebeneinander existierenden Einkommensteuern der Länder. Außerdem führte er die Körperschaftsteuer für Unternehmen ein.

Die Reform gilt als die umfangreichste in der deutschen Steuergeschichte. Sie führte auch zur Entwicklung des heutigen Berufs des Steuerberaters. In der Reichsabgabenordnung aus dem Dezember 1919 wird erstmals geregelt, dass es eine Zulassung des Landesfinanzamts benötigt, wenn die Person nicht Rechtsanwalt, Notar oder Vertreter einer Vereinigung ist. Dafür braucht es Sachkunde. Geschützt ist die Berufsbezeichnung Steuerberater allerdings noch nicht.

Während der Weltwirtschaftskrise von 1929 bis 1939 wurden die Steuer- und Abgabenlasten stark erhöht. Die Einkommensteuer wurde zu der bedeutendsten Einnahmequelle des Deutschen Reiches.

 

Steuern in der Zeit des Nationalsozialismus

Im Nationalsozialismus wurde das Steuersystem zur Verfolgung von Juden missbraucht, indem sie unrechtmäßig enteignet wurden. Nach der Reichspogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurde die sogenannte Judenvermögensabgabe eingeführt: Jeder Jude musste 20 Prozent seines Gesamtvermögens an die zuständigen Finanzämter abgeben.

Gesetze, die in dieser Zeit erlassen wurden, sicherten nun erstmals die Berufsbezeichnung Steuerberater und führten eine Steuerberaterprüfung ein. Genutzt wurden diese Gesetze aber auch um die nationalsozialistische Ideologie durchzusetzen und zum Beispiel Juden aus dem Beruf auszuschließen.

Während des Zweiten Weltkrieges stieg die steuerliche Belastung aller Bürger sowie die Verschuldung Deutschlands rapide in die Höhe. 1945 endete die NS-Herrschaft – und damit auch das Steuersystem, das die Nazis geschaffen hatten. Die Prüfung zum Steuerberater hingegen blieb.

 

Nach dem Zweiten Weltkrieg: Unterschiedliche Steuerkonzepte in BRD und DDR

Die Alliierten entschieden, dass die fiskalische Macht, genau wie die politische, verteilt sein sollte und stellten sich gegen eine einheitliche Steuerverwaltung. Die DDR ging als kommunistischer Staat ihren eigenen Weg: Die Haupteinnahmen erbrachten die Abgaben der sogenannten Volkseigenen Betriebe (VEB). Steuern, die von der Bevölkerung gezahlt wurden, waren im Gegensatz dazu unbedeutend. In der BRD wurde die Einkommensteuer für den Wiederaufbau und das Wirtschaftswunder vorübergehend stark angezogen.

Nach der Wiedervereinigung 1990 musste sich das Steuersystem der DDR an die BRD anpassen. Seitdem haben in Deutschland keine gravierenden Änderungen des Steuersystems stattgefunden. Steuern sind heute die größte und wichtigste Einnahmequelle. Und noch immer wird unser System von der Erzbergerschen Steuerreform geprägt – entwickelt vor nun mehr als 100 Jahren.

 

Und wie war das im Mittelalter? Die Geschichte der Steuern - Teil I: Antike und Mittelalter

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